Das zwischen Thailand im Norden und Singapur im Süden bis fast zum Äquator reichende Westmalaysia erkundeten 24 Studierende der Abteilung Geographie während einer 16-tägigen Großexkursion unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Kirchner und Dipl.-Bio. Rolf Kutzke. Neben den komplexen tropischen Ökosystemen des immergrünen Regenwaldes, der Korallenriffs und Mangrovenwälder bildete das bunte Völker- und Religionsgemisch aus muslimischen Malaien, buddhistischen Chinesen und hinduistischen Indern die Schwerpunkte der Exkursion.
Im Januar und Februar hatten sich die Studierenden in einem Kompaktseminar in Form von Referaten und durch die Erstellung einer Materialsammlung intensiv auf die Exkursion vorbereitet. Für die Tagesthemen und -standorte vor Ort waren jeweils ein oder zwei Experten/Expertinnen verantwortlich.
Die als Rundreise organisierte Exkursion begann mit dem Besuch einer Palmölfabrik, in der das mit deutlichem Abstand wichtigste Agrarprodukt Malaysias hergestellt wird. Ölpalmenplantagen, die mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnehmen, sollten der ständige Begleiter während der Exkursion bleiben. In den letzten 50 Jahren haben sie die Kautschukplantagen immer mehr verdrängt. Danach ging es nach Süden zu der von verschiedrnen Kolonialherren geprägten Stadt Melaka. Auf die Portugiesen folgten 1641 die Holländer und schließlich 1824 die Engländer. Mit der Ankunft der Engländer verlor Melaka allerdings seine herausragende Position als Dreh- und Angelpunkt für den Gewürzhandel zwischen den Molukken und Europa, da am nördlichen und südlichen Ende der Melaka-Meeresstraße mit Georgetown und Singapur übermächtige Konkurrenten entstanden.
Von Melaka führte der Weg nach Kuala Lumpur durch den Multi-Media-Super-Korridor, eine 15 Kilometer breite und 50 Kilometer lange staatliche Förderregion, mit der Malaysia die Entwicklung zu einer wissensbasierten Wirtschaft vorantreiben möchte. Neben dem hochmodernen neuen Regierungssitz Putrajaya bildet das ebenfalls auf dem Reißbrett entworfene Cyberjaya mit dem Angebot einer erstklassigen IT-Infrastruktur und verschiedenen Innovations- und Technologiezentren das Herzstück für die Förderung und Ansiedlung wissensorientierter Unternehmen.
Kuala Lumpur, die dynamisch wachsende Hauptstadt entstand erst 1857, als Chinesen am Zusammenfluss der schlammigen Flüsse Kelang und Gombak reichhaltige Zinnlagerstätten entdeckten. Die dortige Chinatown bildet heute immer noch das pulsierende Herzstück des alten Stadtzentrums, zu dem auch das britische Kolonialviertel und einige Bankenhochhäuser gehören. Deren Skyline wird aber längst durch das neue Banken- und Geschäftszentrum rund um den Kuala Lumpur City Centre Park, dessen höchstes Gebäude nach wie vor die Petronas Twin Towers sind, überragt. Der Kontrast zwischem dem modernen Einkaufszentrum im Sockel der Twin Towers und den durch eine große Verdichtung von Lärm, Düften und Farben geprägten Milieuverhältnissen in den Straßenzügen der Chinatown könnte kaum größer sein. Immer deutlicher symbolisiert die Hochhausverdichtung im neuen Stadtzentrum die Entwicklung Kuala Lumpurs zur nach Singapur zweitwichtigsten Wirtschaftsmetropole in Südostasien.
Nach den ersten schwülheißen Tagen mit über 30 Grad im Tropenklima bildete der Abstecher in die auf 1.500 Meter gelegenen Cameron Highlands eine willkommene Abkühlung. Das ganzjährig milde und feuchte Klima mit einer gleichmäßigen Druchschnittstemperatur von ca. 22 Grad begünstigt den Anbau von Hochlandtee. Die Besichtigung der Teeplantage Sungai Palace Boh gab einen Einblick in die für die Plantagenwirtschaft notwendige räumliche Konzentration von Anbauflächen, Arbeitersiedlung und Fabrik. Neben dem Teeanbau haben sich die Cameron Highlands auch zu einer intensiven Gemüseanbauregion entwickelt. Foliengewächshäuser säumen die terrassierten engen Talhänge, deren Erosionsanfälligkeit immer wieder durch Erdrutschschneisen deutlich wird.
Über die Stadt Ipoh führte der Weg auf die Insel Penang. Der östliche Teil der Insel wie auch das gegenüber liegende Festland sind durch große Industriegebiete geprägt, in denen vor allem ausländische Unternehmen in exportorientierten Montageindustrien der Elektro- und Elektronikbranchen tätig sind, darunter auch zahlreiche deutsche Unternehmen wie z.B. Bosch. Das mit der Industrialisierungsdynamik einhergehende Siedlungswachstum hat mittlerweile auch den noch ländlich geprägten Westeil der Insel erreicht. Am Rande der Dörfer mit ihrer stark schrumpfenden Zahl an Fisch- und Reisbauern entstehen immer mehr moderne Reihenhaussiedlungen. Die Erhaltung historischer Stadtviertel in Georgetown hingegen scheint durch den Status als Unesco-Weltkulturerbe gesichert. Verschiedene Projekte sehen eine Sanierung z.B. von Little India und der auf Wasser gebauten Stelzen-Dörfer der Chinesen (Chew Jetties) vor. Wie schon in Melaka, Kuala Lumpur und Ipoh bildeten auch in Georgetown Tempel und Moscheen wichtige Besichtigungspunkte. Am Rande der Stadt ragt der am Hang des Penang Hill errichtete und ständig in Erweiterung befindliche Kek Lok Si Tempel als größtes buddhistisches Heiligtum in Malaysia heraus.
Am Temengor-Stausee, nur 25 Kilometer südlich der Grenze zu Thailand liegt das Belum Rainforest Resort, von dem aus mit dem Boot und zu Fuß über zwei Tage hinweg verschiedene Erkundungsgänge in den ältesten tropischen Regenwald der Welt erfolgten. Unzählige Lianen, mächtige Brettwurzeln der Baumriesen, Aufsitzerpflanzen und rasend schnell wachsender Bambus kennzeichen die Flora des Regenwaldes. Außer Ameisen ist die Tierwelt nur schwer zu entdecken. Bei einer Nachtwanderung kamen mehr Tiere, wie z.B. ein Tausendfüßler, zum Vorschein als am Tage. Dafür führten uns die lokalen Guides zu einer Stelle, an der Elefanten sich mit wichtigen Mineralien und Salzen versorgen. Tatsächlich deuteten frische Fußabdrücke und noch feuchter Dung darauf hin, dass der Ort am frühen Morgen von Elefanten aufgesucht worden war. Bei dem Besuch eines Dorfes der Ureinwohner Orang Asli erfuhren wir, dass deren Lebensraum durch den Staudammbau stark schrumpfte und dass sie zwischen ihrer traditionellen Lebensform des Jagens und Sammelns und der modernen Zivilisation hin- und hergerissen sind.
Auf die intensive Erfahrung des tropischen Regenwaldes folgten als weiteres tropisches Ökosystem die Korallenriffe um Perhentian Island. Die nah unter der Meeresoberfläche wachsenden Saumriffe bestehen u.a. aus Hirschhorn-, Tisch-, Waben- udn Hirnkorallen. Nach verschiedenen ausgedehnten Schnorchelgängen erfolgte eine zusammenfassende Besprechung des Ökosystems Korallenriff auf einem fast ganz weißen Strand aus feingemahlenem Korallenmehl.
An der weitgehend als Ausgleichsküste ausgeprägten Ostküste mit zahlreichen küstenparallelen Lagunen führte der Weg entlang des Südchinesischen Meeres bis nach Kuantan, unserem letzten Übernachtungsstandort. Der letzte Programmpunkt bestand aus dem Besuch eines Dorfes, das im Zuge der Neulanderschließung von der FELDA (Federal Land Development Authority) Anfang der 1980er Jahre zur Bewirtschaftung von Ölpalmenpflanzungen durch malaiische Kleinbauernfamilien (Samllholders) entstand. Die Famile des Bürgermeisters lud die ganze Exkursionsgruppe spontan in ihr Haus ein, so dass wir nicht nur wichtige Informationen zur Dorfentwicklung erhalten konnten, sondern zum Abschluss der Exkursion einmal mehr große Gastfreundlichkeit erfahren durften.
Das dreiteilige Projekt Großexkursion "Malaysia" findet nach der Vorbereitung und Durchführung im Sommersemester 2015 seinen Abschluss durch eine umfassende Dokumentation in Form eines schrifltichen Ergbnisberichts, einer CD Rom mit didaktischen Bildern und einer filmischen Dokumentation.