Laufzeit: 01.11.2023 bis 15.07.2025
Zielsetzung:
Die Fähigkeit, Sprache zu verstehen, hat einen großen Einfluss auf das schulische Lernen und die soziale Entwicklung von Kindern. Einschränkungen des Sprachverständnisses bleiben jedoch häufig unentdeckt. Als Voraussetzung für eine differenzierte Förderplanung und die Entwicklung von Förderkonzepten zum Sprachverständnis im Unterricht ist es wichtig zu wissen, welche Sprachstrukturen den Kindern im Grundschulalter besondere Sprachverständnisprobleme bereiten. Dazu liegen jedoch keine aussagekräftigen Studien vor.
Daher wird in diesem hochschulübergreifenden Projekt (PH Heidelberg und PH Ludwigsburg) das Sprachverständnis von Grundschülerinnen und -schülern sowie von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Bildungsanspruch im Bereich Sprache, Lernen oder Emotionale und Soziale Entwicklung, die ein SBBZ (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum) besuchen bzw. inklusiv beschult werden, von der ersten bis vierten Jahrgangsstufe untersucht. Die Ergebnisse sollen Notwendigkeiten von Förderungen und mögliche Schwerpunktsetzungen für die Entwicklung von klassenbasierten Förderkonzepten aufzeigen.
Vorgesehen ist, die teilnehmenden Kinder in ihren Sprachverständniskompetenzen auf Wort-, Satz- und Textebene sowie im phonologischen Arbeitsgedächtnis und im Nachfragen bei Nichtverstehen zu überprüfen.
Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Margit Berg, Dr. Christoph Schiefele, Kristina Singer
In Zusammenarbeit mit:
Prof. Dr. Wilma Schönauer-Schneider, PH Heidelberg
Laufzeit: 2021 – 2024
Zielsetzung:
Das Diagnostikverfahren MuSE-Pro (Berg 2020) wurde mit dem Ziel entwickelt, ein alltagstaugliches Verfahren bereitzustellen, mit dem die morphologischen und syntaktischen Fähigkeiten von Kindern im Alter von 5 bis 8 Jahren zeitökonomisch erfasst werden können.
Bislang liegt keine Normierung vor, so dass es sich (noch) um ein informelles Verfahren handelt. Mit dem Forschungsprojekt wird nun eine Normierung angestrebt.
Die MuSE-Pro-Ergebnisse werden dabei auch zu den Ergebnissen ausgewählter Subtests des SET 5-10 sowie zum ESGRAF 4-8 in Beziehung gesetzt.
Stand der Forschung
Neuere Studien belegen, dass ein großer Teil der Kinder mit sonderpädagogischem Bildungsanspruch im Bereich Sprache auch Einschränkungen des Sprachverständnisses zeigen (Berg, 2018; Forschungsgruppe KiSSES-Proluba, 2014; Hachul & Schönauer-Schneider, 2012). Dieser Befund ist besonders gravierend, da Sprachverständnisstörungen mit einem hohen Risiko nachfolgender Probleme in der Sozialentwicklung (Berg 2018) und im schulischen Lernen (Hachul & Schönauer-Schneider, 2012; Berg, 2010; Werner & Berg, 2015) verbunden sind. Demgegenüber besteht ein Forschungsdesiderat bezüglich wirksamer Förderkonzepte. Es liegen insgesamt auch international nur wenige Evaluationsstudien vor, die zudem zumeist nur sehr kleine Stichproben umfassten und zu uneindeutigen, überwiegend jedoch negativen Ergebnissen führten. Es besteht somit ein dringender Bedarf an der Entwicklung wirksamer Förderkonzepte des Sprachverständnisses. Vor diesem Hintergrund war eines der Ergebnisse der Ki.SSES-Proluba-Studie (Forschungsgruppe Ki.SSES-Proluba, 2014; Berg & Janke, 2017), überraschend: Die hier einbezogenen Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen zeigten im Verlauf der ersten beiden Schuljahre signifikante Verbesserungen auf der Ebene des Satzverständnisses. Offen ist jedoch, worauf dieses erfreuliche und erwartungswidrige Ergebnis zurückzuführen ist.
Eine Pilotstudie zum Hörverstehen im Englischunterricht (Hefner & Berg, 2019) konnte aufzeigen, dass Lehrkräfte am SBBZ Sprache über ein umfangreiches Repertoire sprachverständnisunterstützender Methoden verfügen. Es erscheint sinnvoll, dieses auch für den Erstspracherwerb zu erfassen und ggf. auch Lehrkräften in inklusiven Schulen zugänglich zu machen.
Ziele und Fragestellungen
Die beiden übergeordneten Ziele des Forschungsprojekts bestehen darin, die Entwicklung der Sprachverständnisfähigkeiten von Kindern mit Bildungsanspruch Sprache differenzierter zu beschreiben und die von den Lehrkräften eingesetzten Unterstützungs- und Fördermaßnahmen zu erfassen, um daraus Vorschläge und Konsequenzen für eine effektive Förderung abzuleiten.
Daraus ergeben sich die folgenden konkreten Fragestellungen:
Publikationen:
Laufzeit: 2017 – 2019
Ziel und Methode:
Vergleichende qualitative Untersuchung der Verwendung von Alltags- und Fachsprache durch Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Bildungsanspruch in den Förderschwerpunkten Lernen und Sprache
Publikationen
Teilprojekt I: Soziale Ausgrenzung von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen im Elementar- und Primarbereich
Laufzeit 2017 – 2018
Hintergrund:
Vorliegende Forschungsergebnisse verweisen darauf, dass Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen ein Risiko für psycho-soziale Probleme tragen. Zudem stehen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Gefahr, in der Schule soziale Ausgrenzung und Mobbing zu erleben.
Ziele:
Die vorliegende Studie diente der Prüfung, ob bei sprachentwicklungsgestörten Kindern, die sonderpädagogische Einrichtungen (Schule oder Kindergarten) besuchen, ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie zum Opfer von Mobbing werden, und pädagogische Präventionsmaßnahmen angezeigt sind
Methode:
Bei 92 sprachentwicklungsgestörten Kindern im Alter zwischen vier und zwölf Jahren wur¬den Mobbingerfahrungen in der Schule oder im Kindergarten untersucht. Sowohl die Teilnehmer selbst als auch ihre Lehrkräfte bzw. Erzieherinnen beantworteten einen standardisierten Fragebogen („Bully¬ing- und Viktimisierungs-Fragebogen“, BVF; von Marees & Petermann, 2010). Somit erfasst die Studie sowohl die Selbsteinschätzung der Teilnehmer, gemobbt zu werden, als auch die externe Beurteilung von Mobbing-Vorkommnissen.
Ergebnisse:
Es zeigte sich, dass der Anteil der Teilnehmer, die sich selbst als Opfer von Mobbing einschätzen, bei 39.1 % liegt. Die Lehrkräfte bzw. Erzieherinnen berichten sogar von einer Häufigkeit von 50.8 % bei den teilnehmenden Kindern.
Schlussfolgerungen:
Mobbingerfahrungen sind ein ernstes und häufiges Problem für sprachentwicklungsgestörte Kinder und Teil einer sozialen Ausgrenzung. Die Ergebnisse verweisen auf die Notwendigkeit, psycho-soziale Aspekte in der Förderung in den Blick zu nehmen. Die pädagogischen Fachkräfte müssen sich sozialer Ausgrenzungsprozesse wie dem Mobbing bewusst sein.
Publikation:
Teilprojekt II: ReMo - Rezeptive Sprachstörungen und Mobbingerfahrungen
Laufzeit 2017 – 2018
Finanziert mit Forschungsmitteln der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg
Ziel der Studie:
Kinder mit rezeptiven Sprachstörungen tragen langfristig ein hohes Entwicklungsrisiko im Bereich der Entwicklung sozialer Fähigkeiten und in Bezug auf soziale Ausgrenzungserfahrungen. Es fehlen jedoch differenziertere Kenntnisse darüber, ob und auf welche Weise auch gruppenbezogene Prozesse im schulischen Kontext häufiger als bei sprachunauffälligen Kindern von sozialen Problemen begleitet werden. Mit dem BVF (Bullying- und Viktimisierungsfragebogen) liegt ein Verfahren vor, dass die Eigen- und Fremdeinschätzung vorhandener Mobbing-Erfahrungen von Kindern erfasst (von Marées & Petermann, 2010). Neben der Feststellung der Vorkommenshäufigkeit kann dabei genauer unterschieden werden zwischen verschiedenen Rollen in Mobbingprozessen (wie beispielsweise einer aktiven oder passiven Rolle oder einer nicht-aktiv beteiligten Zuschauerrolle). Genauere Kenntnisse können dazu beitragen, den Förder- und Unterstützungsbedarf differenzierter zu beschreiben, und bilden so die Basis für die Entwicklung geeigneter Fördermaßnahmen. Angesichts des bekannten Risikos von Sekundärstörungen im sozialen Bereich bei Kindern mit rezeptiven Störungen ist es dringend geboten, derartige Probleme frühzeitig zu erfassen und zu intervenieren bzw. bestenfalls der Entstehung sozialer Probleme präventiv entgegenzuwirken.
Methode:
Die Studie ist als Querschnittstudie angelegt und erfasst mit dem BVF-K (Bullying- und Viktimisierungsfragebogen) in einer Einzel- (Klassenstufe 1 und 2) bzw. Gruppenbefragung (Klassenstufe 3 und 4) die Mobbingerfahrungen von Kindern in drei Gruppen:
Zusätzlich wird die Fremdwahrnehmung beobachteten Mobbingprozesse mit dem BVF-Lehrerfragebogen erfasst.
Die Erfassung des Sprachverständnisses auf Wort-, Satz- und Textebene erfolgt mit Subtestst des SET 5-10 sowie dem PPVT. Somit werden – zusätzlich zum Hauptziel des Projekts – auch aktuelle Zahlen über die Vorkommenshäufigkeit rezeptiver Störungen im Kontext der Spezifischen Sprachentwicklungsstörung gewonnen.
Publikation:
Laufzeit: 2013 – 2014
Leitung: Prof.´in Dr. Birgit Werner, Dr. Margit Berg
Ziel:
Die Studie verfolgte das Ziel, genauere Kenntnisse über Einschränkungen des Sprachverständnisses in unterschiedlichen Gruppen von Schüler*innen zu gewinnen, um Fördermaßnahmen besser an die unterschiedlichen Bedürfnisse anpassen zu können.
Methode:
Untersucht wurde das Sprachverständnis mono- und bilingualer Kinder, die die 3. oder 4. Klasse einer allgemeinen Schule, einer Sprachheilschule oder einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen besuchen (je Schulform jeweils n=20 monolinguale und n=20 bilinguale Teilnehmer*innen).
Das Sprachverständnis wurde mit den folgenden Tests erfasst:
Zusätzlich wurden als Basiskompetenzen des Sprachverstehens im Bereich der Sprachverarbeitung und -speicherung die Lautdifferenzierung und das phonologische Arbeitsgedächtnis mit den folgenden Verfahren erhoben:
Ergebnisse:
Sowohl sprachbehinderte Kinder als auch Schüler*innen der Förderschule Lernen erreichten niedrigere Ergebnisse im Wort-, Satz- und Textverständnis als die unauffällig entwickelten Gleichaltrigen. Zudem zeigten sie Einschränkungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis und in der Phonemdiskrimination. Zweisprachige Schüler unterscheiden sich im Sprachverständnis von monolingualen Gleichaltrigen. Obwohl zweisprachige, sprachbehinderte und lernbehinderte Schüler*innen Einschränkungen im Sprachverständnis zeigen, wurden Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden, sodass insgesamt von unterschiedlichen Profilen und Hintergründen der eingeschränkten rezeptiven Fähigkeiten auszugehen ist. Daher sollten Fördermaßnahmen an die unterschiedlichen Bedürfnisse angepasst werden.
Publikation:
Laufzeit: 2011 – 2014
Verbundprojekt der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Universität Leipzig
Finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (FKZ 01JC1102 A/B)
Projekt-Homepage: https://www.ki-sses.de/teilprojekte/proluba/
Ziele:
Mit der Umgestaltung des deutschen Bildungswesens im Sinne eines „inklusiven Bildungssystems auf allen Ebenen“ (UN-Konvention RMB Art. 24) ändern sich die Rahmenbedingungen für die Bildung von sprachbehinderten Schülerinnen und Schülern. Die Ki.SSES-Studie liefert für einen großen Teil dieser Kinder Antworten auf die drängenden Fragen:
Publikationen (Auswahl):
Laufzeit: 2007-2009
Finanzierung: Baden-Württemberg-Stiftung
Forschungsgruppe:
Dr. Margit Berg, Prof. Dr. Anne Berkemeier, Prof. Dr. Reinold Funke, Prof. Dr. Christian Glück, Dr. Christiane Hofbauer, Jordana Schneider
Zielsetzung und Methode:
Die Ergebnisse vergleichender Schulleistungsuntersuchungen sprechen dafür, dass die Bildungschancen von Schülern in Deutschland ausgeprägt ungleich verteilt sind. Dabei haben sprachliche Kompetenzen einen wesentlichen Einfluss auf den Schulerfolg. So ist z. B. beim Blick auf mehrsprachige Kinder und Jugendlichen (nicht jedoch für jeden einzelnen) festzustellen, dass deren Bildungschancen im deutschen Schulsystem eingeschränkt sind oder eingeschränkt genutzt werden.
Für mehrsprachige Schüler und Schüler ist die Wahrscheinlichkeit, in eine Sonderschule ein- bzw. umgeschult zu werden, deutlich erhöht. So besuchten im Schuljahr 2007/08 insgesamt 4,24 % aller baden-württembergischen Schüler eine Sonderschule. Bei den ausländischen Schülern lag dieser Anteil hingegen bei 8,16 % (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2009). Darin spiegelt sich die Tatsache wieder, dass Kinder mit Migrationshintergrund in Sonderschulen deutlich überrepräsentiert sind. Die differenzierte Statistik für Nordrhein-Westfalen (Information und Technik Nordrhein-Westfalen 2008) weist für 2007/08 einen Gesamtanteil der AusländerInnen und Aussiedler an der Schülerschaft von 14,6% auf. In den Sonderschulen (Förderschulen mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten) lag deren Anteil hingegen bei 22,2%, in den Sekundarstufen der Förderschulen sogar bei 25,7%. Damit stellt sich für die Zielgruppe der mehrsprachigen Schüler zwingend die Frage, ob die bislang verfolgten Förderansätze ausreichend greifen oder aber ergänzt bzw. modifiziert werden müssen (vgl. z. B. das Programm der Landesstiftung Baden Württemberg „Sag mal was“ und die Evaluation dreier Sprachförderprogramme durch Roos/Schöler, s. Hofmann/Polotzek//Roos/Schöler 2008). Eine Klärung dieser Frage erfordert auch eine differenzierte Erfassung der grammatischen Kompetenzen und Schwierigkeiten, insbesondere in der Nominal- und Verbalflexion.
Dass diesem Bereich eine Schlüsselstellung für das Erlernen komplexer kognitiver Leistungen und damit für den Schulerfolg zukommt, kann insbesondere vermutet werden im Blick auf drei Gruppen von Schüler und Schülern:
Konkrete Ziele des Projektes im bewilligten Umfang waren:
Das erste Ziel konnte im Rahmen der Pilotstudie an den drei o.g. Zielgruppen weitgehend verwirklicht werden.
Ausgehend von den differenzierten Ergebnissen dieser Pilotuntersuchungen konnte eine für die sprachliche Förderung lohnenswerte Zielebene (Genus) gefunden werden, für die in der anschließenden Antragsphase ein DFG-Förderantrag ausgearbeitet wurde.
Abschlussbericht:
Teilprojekt des Forschungsprojekts „Förderung grammatischer Fähigkeiten spracherwerbsgestörter Kinder“ (Leitung: H.-J. Motsch)
Laufzeit: 1999 – 2003
Ziel:
Entwicklung und Evaluation kontextoptimierter Therapieeinheiten und Unterrichtsphasen im Bereich des Nebensatzerwerbs
Methode:
Interventionsstudie im Prä-Posttest-Design
Publikationen:
BMBF Laufzeit 3 Jahre (2021-2024); Projektleitung: Prof. Dr. Marco Ennemoser, Prof. Dr. Kristin Krajewski
Das Projekt befasst sich mit den Potenzialen einer basiskompetenzorientierten Diagnostik im Mathematikunterricht der Sekundarstufe. Die Stärken einer solchen, auf mathematische Basiskompetenzen fokussierten, Diagnostik gelten für das Schulsystem im Allgemeinen, sie sollten jedoch gerade in inklusiven Bildungssettings besonders zu Tragen kommen.
Probleme lehrplanorientierter Diagnostik
Eine besondere Herausforderung in der Diagnostik mathematischer Kompetenzen liegt darin, dass über 16 Bundesländer und mehrere Schulformen hinweg eine große Vielfalt an Lehrplänen berücksichtigt werden müssen, um die Mathematikleistung einer Schülerin oder eines Schülers angemessen einordnen zu können. Besonders herausfordernd wird dies in inklusiven Bildungssettings, da für inklusiv beschulte Kinder häufig von vornherein klar ist, dass sie den curricularen Vorgaben des jeweils für die Klasse gültigen Lehrplanes nicht folgen können.
Lösungsansatz: Diagnostik von Basiskompetenzen (im Sinne des vorliegenden Projekts)
Einen Ausweg aus dem Dilemma bietet eine basiskompetenzorientierte Herangehensweise. Mathematische Basiskompetenzen werden in der Literatur begrifflich bestenfalls vage eingegrenzt. Im vorliegenden Projekt schlagen wir eine Präzisierung vor und fassen darunter – kurzgefasst – die Beherrschung der mathematischen Sprache und Notation (vgl. Ennemoser & Krajewski, 2013; in Druck). Hierbei lassen sich zwei Bereiche unterscheiden: das Zahlverständnis (ZGV-Modell, vgl. Krajewski & Ennemoser, 2013) sowie das Konventions- und Regelwissen. Für die Möglichkeiten der Diagnostik hat diese abweichende bzw. präzisierte Auffassung von Basiskompetenzen weitreichende Konsequenzen. Anders als gemeinhin angenommen spielen Basiskompetenzen (im Sinne dieser Definition) nicht nur im Kontext von Rechenschwäche eine Rolle, sondern sie entwickeln sich über die gesamte Schullaufbahn hinweg weiter (Ennemoser, Krajewski & Schmidt, 2011). Sie differenzieren nicht nur zwischen Kindern mit und ohne Rechenschwäche, sondern sie differenzieren ebenso gut zwischen Schülerinnen und Schülern mit guten oder sehr guten Leistungen. Insbesondere belegen eigene Studien eindrucksvoll, dass die curricularen Leistungen sehr maßgeblich durch diese Basiskompetenzen bestimmt werden (Ennemoser & Krajewski, in Druck).
Chancen einer basiskompetenzorientierten Diagnostik
Für die Diagnostik mathematischer Kompetenzen ergeben sich daraus zahlreiche Chancen:
Studienablauf
Der diagnostische Ansatz soll an einer Stichrobe von 1.260 Schülerinnen und Schülern erprobt werden. Über einen Zeitraum von knapp drei Jahren wird die mathematische Kompetenzentwicklung in zwei Alterskohorten (jeweils n = 600) untersucht, die zu Beginn der Studie die 5. bzw. 7. Klasse besuchen. Neben Fragen der Praktikabilität bzw. Implementierbarkeit soll untersucht werden, inwiefern sich hierbei individuelle Entwicklungsverläufe abbilden lassen, von welchen individuellen, sozialen oder schulbezogenen Variablen diese Entwicklungen beeinflusst werden, in welcher Weise Lehrkräfte die diagnostischen Informationen in pädagogisches Handeln umsetzen und inwieweit sich letzteres tatsächlich in langfristig besseren Kompetenzzuwächsen niederschlägt. Ergänzend soll untersucht werden, inwieweit die Vorgehensweise für inklusiv bzw. an Schulen mit Förderschwerpunkt beschulte Kinder zu unterschiedlichen Lernergebnissen führt.
BMBF (3 Förderphasen): Projektleitung: Prof. Dr. Marco Ennemoser
Das Dialogische Lesen ist eine evidenzbasierte Maßnahme zur Sprachförderung, die auf der Anwendung einfacher, aus der natürlichen Eltern-Kind-Interaktion abgeleiteter Sprachlehrstrategien beruht (Whitehurst et al., 1988). Das Verfahren hat sich in der internationalen Forschung in zahlreichen Studien bewährt (siehe Mol, Bus, de Jong & Smeets, 2008, sowie Marulis & Neuman, 2010, für einen Überblick).
Die Wirksamkeit der Maßnahme wurde im Rahmen von insgesamt drei BMBF-geförderten Projektphasen empirisch evaluiert. Zunächst wurden die Potenziale des dialogischen Lesens für ein institutionelles Fördersetting (Vorklassen) überprüft (Ennemoser, Kuhl & Pepouna, 2013). Im Anschluss wurde die Wirksamkeit des dialogischen Lesens mit der eines Grammatiktrainings und eines Trainings der phonologischen Bewusstheit verglichen (Ennemoser & Hartung, 2017). In einer weiteren Projektphase wurde untersucht inwiefern sich die Wirksamkeit durch eine Intensivierung der Erzieherinnenausbildung optimieren lässt (Ennemoser, Lehnigk, Hohmann & Pepouna, 2015). In der letzten Förderphase handelt es sich um ein Transferprojekt, das in Kooperation mit der Universität Hamburg (Prof. Dr. Angelika Redder) durchgeführt wird. Hier geht es um die Frage, ob das dialogische Lesen seine Wirksamkeit auch unter alltagspraktischen Bedingungen entfalten kann – d.h. ohne die personelle und materielle Unterstützung, wie sie im Rahmen von Interventionsstudien zur Sicherung der Durchführungsqualität bzw. Treatment-Validität üblich ist (https://www.diales.de/diales).
Ennemoser, M. & Hartung, N. (2017). Wirksamkeit verschiedener Sprachfördermaßnahmen bei Risikokindern im Vorschulalter. Unterrichtswissenschaft, 3,198 – 219. DOI 10.3262/UW1703198
Ennemoser, M., Lehnigk, M., Hohmann, E. & Pepouna, S. (2015). Wirksamkeit eines Coachings für pädagogische Fachkräfte zur Optimierung der Förderpotenziale des Dialogischen Lesens. In A. Redder, J. Naumann & R. Tracy (Hrsg.), Forschungsinitiative Sprachdiagnostik und Sprachförderung – Ergebnisse (S. 137-153). Münster: Waxmann.
Ennemoser, M., Kuhl, J. & Pepouna, S. (2013). Evaluation des Dialogischen Lesens zur Sprachförderung bei Kindern mit Migrationshintergrund. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 27, 229-239.
Hogrefe-Verlag
Entwicklung und Normierung des Lesegeschwindigkeits- und Leseverständnistests für die Klassenstufen 5-12+ (Revision des LGVT 5-9) sowie der Deutschen Mathematiktests für die 7. und 8. Klassenstufe (DEMAT 7, DEMAT 8).
Schneider, W., Schlagmüller, M. & Ennemoser, M. (in Vorb). Lesegeschwindigkeits- und verständnistest für die Klassenstufen 5-13 (LGVT 5-13). Göttingen: Hogrefe.
Pirr, M. & Ennemoser, M. (in Vorb.). Deutscher Mathematiktest für 7. Klassen (DEMAT 7+). Göttingen: Hogrefe.
Pirr, M. & Ennemoser, M. (in Vorb.). Deutscher Mathematiktest für 8. Klassen (DEMAT 8+). Göttingen: Hogrefe.
Während die Evaluation spezifischer Fördermaßnahmen im Bereich von Lern- und Leistungsstörungen ein vergleichsweise großes Forschungsvolumen einnimmt, existieren kaum empirische Arbeiten, die sich mit der Förderung relevanter Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten bei Menschen mit geistiger Behinderung befassen. Hier besteht eine größere Forschungslücke, die in absehbarer Zeit nicht zu schließen sein wird. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts ein Verfahren zur Förderung der Konstruktionsfähigkeit entwickelt und empirisch evaluiert, da die Konstruktionsfähigkeit eine wesentliche Grundlage für die Aufnahme einfacher handwerklicher Tätigkeiten darstellt und somit die Möglichkeiten von Menschen mit geistiger Behinderung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verbessert.
Da bisher keine geeigneten diagnostischen Verfahren zur standardisierten Erfassung der Konstruktionsfähigkeit bei Menschen mit geistiger Behinderung existieren, wurde in einem ersten Schritt ein bereits im Rahmen von Vorstudien entwickeltes Testverfahren ergänzt und evaluiert (sowohl an Stichproben von Menschen mit geistiger Behinderung als auch an Referenzstichproben von Vor- und Grundschulkindern). Die Trainingsstudie umfasst insgesamt 75 Schüler mit geistiger Behinderung, die parallelisiert auf drei experimentelle Versuchsbedingungen verteilt wurden. Während eine Gruppe das Konstruktionstraining erhält, wird eine zweite mit einem allgemeinen kognitiven Training gefördert, um die angenommene Überlegenheit der spezifischen Förderung überprüfen zu können. Die Ergebnisse der geförderten Gruppen werden schließlich mit denen einer unbehandelten Kontrollgruppe verglichen. Das Training selbst umfasst zehn unterrichtsintegrierte Sitzungen und wird von geschulten Projektmitarbeitern durchgeführt.
Professionsorientierte Lehrerbildung – Horizontale und vertikale Vernetzung fachdidaktischer, pädagogisch-psychologischer und schulpraktischer Ausbildungsanteile zum Aufbau diagnostischer Kompetenzen
BMBF: Laufzeit 2009-2013
Projektleitung: Prof. Dr. Claudia von Aufschnaiter (Uni Gießen), gemeinsam mit Prof. Dr. Jürgen Mayer, Prof. Dr. Rudolf Strässer, Prof. Dr. Joachim Stiensmeier-Pelster)
Deutscher Mathematiktest für 9. Klassen (DEMAT 9+; Schmidt, Ennemoser & Krajewski, 2012)
Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt (MBK 1+; Ennemoser, Krajewski & Sinner, 2017)
Laufzeit: 2006-2010
Studienstrukturprogramm des HMWK (Hessen): 39.600 €
Förderfonds der JLU: 31.200 €
Laufzeit 2007-2010
Forschungsnetzwerk Empirische Unterrichts- und Bildungsforschung (EUBi; Universität Gießen)