Seit 2009 stellt der Studiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung der Pädagogischen und Evangelischen Hochschule Ludwigsburg jedes Jahr Werke aus, die Student*innen in Kunstseminaren, Seminaren aus den Bereichen Welterkunden und Medienpädagogik gestaltet haben.
Am Abend der Vernissage zeigen Student*innen aus Musikseminaren oder dem Bildungsbereich Bewegung Performances oder Tänze sowie Gesangsbeiträge, die in Seminaren der Bildungsbereiche Sport/Bewegung und Musik/Tanz entwickelt und einstudiert werden.
Katharina Schneider, die den Bildungsbereich Kunst vertritt, verantwortet, organisiert und gestaltet die Ausstellung mit Student*innen ihres Wahlmoduls Kunst in jedem Wintersemester.
Im Rahmen des Seminars Öffentlichkeitsarbeit in der Kindheitspädagogik haben Anna Nille und Katrin Kienzle im Wintersemester 2019/20 mit Katharina Schneider gesprochen, die die Ausstellung des Studiengangs Frühkindliche Bildung und Erziehung organisiert, um mehr über sie und das Ausstellungskonzept zu erfahren.
Frau Schneider, Sie sind Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Fach Kunst und hauptverantwortlich für die Frübissage. Erzählen Sie uns doch, welche Aufgaben Sie an der Hochschule haben, und wann Sie begonnen haben, hier zu arbeiten.
Ich habe im Sommersemester 2013 hier an der Hochschule angefangen zu arbeiten und bin alleinige Vertreterin des Bildungsbereichs Ästhetische Bildung/Kunst im Bachelorstudiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung. Neben meiner Lehre in den Grundlagenseminaren Ästhetische Bildung/Kunst, Seminaren zur künstlerischen Praxis, Wahl- und Vertiefungsseminaren in Kunst und der Interdisziplinären Praxisbegleitung, habe ich mir die Organisation einer Ausstellung des Studiengangs zu meinen Aufgaben gemacht. Das ist die Frübissage. Sie findet einmal im Jahr statt, vorzugsweise im Wintersemester, als Jahresabschluss, aber auch als Auftakt ins neue Jahr.
Sie arbeiten jetzt ungefähr seit sieben Jahren hier. Wie war denn Ihr Beginn an der Pädagogischen Hochschule? Haben Sie auch mit dem früheren Hauptverantwortlichen der Frübissage, Roland Karl Metzger, zusammengearbeitet?
Roland Karl Metzger war vor mir an der Hochschule tätig und ist der Initiator der Frübissage. Das Format der Frübissage habe ich von ihm übernommen. Als ich meine Tätigkeit an der PH begonnen habe, war Roland Karl Metzger nicht mehr hier tätig, sondern hatte eine Stelle als stellvertretender Schulleiter am Kompetenzzentrum Silberburg in Stuttgart angetreten.
Zu Beginn meiner Lehrtätigkeit habe ich noch keine Frübisssage organisiert, da ich mich erst einmal in die Struktur des Studiengangs und das Format der Ausstellungsreihe Frübissage einfinden wollte. Insofern ging es am Anfang auch darum, Kontakte zu den Dozent*innen und Lehrbeauftragten der anderen (künstlerischen) Bildungsbereiche aufzubauen und bei ihnen anzufragen, ob es Exponate aus ihren Veranstaltungen gibt, die auf der Frübissage gezeigt werden können.
So ist die Schildkröte, die dieses Jahr Teil der Ausstellung ist, im Seminar Holzbildhauerei entstanden, das der Lehrbeauftragte Stefan Vollrath angeboten hat, die ausgestellten Handpuppen in einem Seminar der Lehrbeauftragten Christine Kümmel zum Handpuppenbau und -Spiel. Vertreten ist auch immer der Bildungsbereich Medienpädagogik. In diesem Jahr mit tollen Trickfilmen und Inhalten, die dem Seminar Öffentlichkeitsarbeit in der Kindheitspädagogik entstanden sind, das Gesine Kulcke ausgebracht hat. Das Seminar hat auch den Flyer, die Plakate und die Website in diesem Jahr gestaltet, wofür ich sehr dankbar bin. Vereinzelt beteiligt sich auch der Bildungsbereich Welterkunden an der Frübissage, der von Marcus Rauterberg und Elena Schmid vertreten wird.
Bei der Vernissage der Frübissage gibt es immer wieder Performances und Gesangsbeiträge aus Seminaren, die Susanne Pochert und Susanne Herrmann anbieten. Die beiden Kolleg*innen vertreten die genannten Bildungsbereiche Sport/Bewegung und Musik/Tanz.
Es wird deutlich, dass es gar nicht so leicht ist, alle Bildungsbereiche einzubinden und das Ausstellungsformat mit so vielen unterschiedlichen Exponaten und Beiträgen zu organisieren. Roland Karl Metzger war da eine große Stütze für mich. Auch wenn er nicht vor Ort war, hat er mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden, ist mit mir in einen engen Austausch getreten über die Idee der Frübissage und das, wofür sie stehen kann, was durch sie möglich wird.
Hat sich die Frübissage dann unter Ihrer Leitung weiterentwickelt?
Die Grundstrukturen der Ausstellungsreihe und ihr Format habe ich von Roland Karl Metzger übernommen: So hat er bereits Lehrbeauftragte und Exponate aus ihren Seminaren in die Frübissage einbezogen und den Abend der Vernissage sowie die Organisation der Ausstellung gemeinsam mit Student*innen gestaltet. Weiterentwickelt hat sich die Frübissage unter meiner Leitung insofern, als dass durch neue Kooperationen mit Kolleg*innen immer neue Ideen entstanden sind und weiter entstehen.
In meinen Seminaren, in denen die Ausstellung vorbereitet wird, arbeite ich sehr intensiv mit den Student*innen zusammen. Ich stelle hierbei immer ein bestimmtes Verfahren, Material und Thema in den Vordergrund. Im aktuellen Seminar geht es beispielsweise um Schattentheater in Form von Scherenschnitten zu Märchen. Wie die Student*innen das aber für sich auslegen, welche Ideen sie dabei wie mit- und einbringen, das lasse ich immer frei bzw. entwickle ich im Austausch mit ihnen. Anfangs überfordert sie das auch, das heißt die Student*innen müssen sich in einen gestalterischen Prozess einlassen, eigene Ideen entwickeln, für Inhalte Formen des Ausdrucks finden, an diesem langen Prozess dranbleiben, über die eigenen Grenzen hinausgehen und mit Frustration umgehen. Sie erleben Kunst also als Prozess.
Was möchten Sie mit der Frübissage erreichen? Auf was legen Sie bei der Frübissage besonderen Wert?
Es ist es mir ein Herzensanliegen, die Student*innen durch diesen gestalterischen Prozess zu begleiten. Immer wieder darf ich erleben, wie sie Misserfolge, Ängste oder Frustrationen überwinden. Das finde ich besonders wichtig, weil sie so die Möglichkeit haben, Verfahren und Materialien kennenzulernen, aber auch über sich hinauszuwachsen, und Kinder, die in einer ähnlichen Situation sind, besser zu verstehen und angemessen zu begleiten.
Außerdem liegt es mir besonders am Herzen, den Abend der Vernissage mit den Student*innen gemeinsam zu gestalten. Ich sehe es als etwas Schönes und Bereicherndes an, dass sie zeigen, wie sie sich künstlerisch ausdrücken, sich an diesem Abend im wahrsten Sinne des Wortes „feiern lassen“ und für ihre Arbeiten Feedback von anderen Dozent*innen, aber auch von Freund*innen und der Familie bekommen. Zudem können die Student*innen die Hochschule an diesem Abend einmal anders erleben, als einen Ort, an dem man zusammenkommt und „Kunst guckt“.
Ziel ist aber auch, dass ich als Dozentin den Studiengang und das Fach Kunst vertrete. In Bezug auf den Studiengang ist es mir ein großes Anliegen, dessen Vielfalt im künstlerisch-gestalterischen Ausdruck zu zeigen. Deshalb auch die vielen verschiedenen Bildungsbereiche, die auf der Frübissage ausstellen und diese gestalterische Vielfältigkeit verdeutlichen, die unseren Studiengang ausmacht.
Möchten Sie noch etwas zur Frübissage erzählen, etwas, das Ihnen darüber hinaus noch wichtig ist?
Ich bin immer ganz überwältigt, wenn ich am Ende des Semesters sehe, was die Seminargruppen geleistet haben, da es in unserem Studiengang ja keine Aufnahmeprüfung für Kunst gibt. Die Student*innen zeichnen und malen nicht seit Jahren oder beschäftigen sich seit Jahren mit Kunst, weil sie Kunst studieren wollen. Unsere Studierenden haben auch keinen grundsätzlichen Fokus auf Kunst, wenn sie ihr Studium in Frühkindlicher Bildung und Erziehung beginnen, vielmehr möchten sie später in Krippe und Kita gehen und dort mit Kindern arbeiten.
Meine Wahlseminare in Kunst bieten den Rahmen und die Möglichkeit, sich im Rahmen dieses Studiums als Künstler*in zu zeigen, eine Ausstellung zu konzipieren und zu organisieren und auch Ideen zu entwickeln, wie das mit Kindern in unterschiedlichen pädagogischen Institutionen möglich werden kann. Dazu gehören auch Fragen wie: Wie konzipiere und organisiere ich eine Ausstellung für Erwachsene oder für und mit Kindern? Wie gestalte ich dafür Öffentlichkeitsarbeit, wie einen Flyer und wie lade ich Menschen ein? Dabei kommen die Student*innen auch an Grenzen, weil die eigentliche Organisation und Durchführung der Frübissage sowie das Erstellen eigener Exponate in nicht einmal drei Monaten passieren. Aber es gelingt immer wieder, ist entdeckungs- und erfahrungsreich für alle, auch für mich. Mich freut das immer sehr.
Um etwas über die Geschichte der Frübissage herauszufinden, ihren Beginn und die Idee, die dahintersteckt, haben Ramona Schrüfer, Josephin Brückner und Svenja Altevogt Kontakt im Wintersemester 2019/20 im Rahmen des Seminar Öffentlichkeitsarbeit in der Kindheitspädagogik mit Roland Karl Metzger aufgenommen: Er war von 2009 bis 2012 akademischer Mitarbeiter im Studiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung, arbeitet jetzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bildende Kunst und Kunstwissenschaft an der Stiftungsuniversität Hildesheim und hat im Oktober 2009 mit seinen damaligen Student*innen die erste Frübissage organisiert.
Erzählen Sie von Ihren Aufgaben an der PH Ludwigsburg.
Während meiner Zeit in Ludwigsburg lehrte ich in den Modulen Ästhetische Bildung, Wahlmodul Kunst und war als Modulbeauftragter für die konzeptionelle Weiterentwicklung dieser Studieninhalte und der Berufung von Lehrbeauftragten zuständig. Zudem lehrte ich in dem Modul Interdisziplinäre Praxisbegleitung. In Kooperation mit der Medienpädagogik und dem Sachunterricht (Grundschule) war ich außerdem für die konzeptionelle Neuausrichtung einer Lernwerkstatt Frühe Bildung zuständig.
Wie entstand die Idee der Frübissage?
Die Idee entstand bereits im ersten Semester meiner Tätigkeit als akademischer Mitarbeiter in Ludwigsburg. In einem Malereiseminar, das ich im Sommersemester 2009 anbot, fand eine sehr intensive Auseinandersetzung mit künstlerischen Bildbeispielen und den Seminararbeiten der Studierenden statt. Anhand dieser dichten Bildgespräche kam bei den Studierenden der Wunsch auf, diese Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen und die im Seminar erstandenen Arbeiten zu zeigen. Was zunächst als kleine Seminarausstellung angedacht war, setzte einen inspirierenden und konstruktiven Prozess in Gang, der in die Erarbeitung des Ausstellungskonzepts Frübissage mündete und schließlich Seminararbeiten aller Bereiche des Moduls Ästhetische Bildung umspannte und einbezog. Die erste Ausstellung fand am 18.10.2009 statt. Der Ausstellungstitel Frübissage, der sich aus Frühkindlicher Bildung und Vernissage zusammensetzt, wurde gemeinsam mit Studierenden gefunden.
Was wollten Sie mit der Frübissage erreichen?
Die künstlerischen Seminararbeiten des Moduls Ästhetische Bildung zeigten eine hohe ästhetische Qualität, wurden jedoch im öffentlichen Raum der Hochschulkultur nicht sichtbar. Zudem verband ich mit der Implementierung einer Ausstellung auch den Gedanken eines interdisziplinären Austauschs innerhalb des Studiengangs und des Faches Kunst. Aus diesem Grund wurden von Anfang an alle Bereiche ästhetischer Bildung einbezogen. Vor allem standen die Wertschätzung der studentischen Arbeiten sowie didaktische und pädagogische Beweggründe im Vordergrund, um die Bedeutsamkeit des Kuratierens für den Elementarbereich hervorzuheben.
Was war das Thema der ersten Frübissage und was wurde ausgestellt?
Die erste Ausstellung zeigte eine künstlerische Vielfalt, die auch alle weiteren Ausstellungen prägte. Neben Zeichnungen, Malereien und fotografischen Arbeiten waren auch Papierarbeiten, Objekte, eine Klanginstallation, ein interaktives Figurentheater und ein Kindergartenprojekt zu sehen, das im Rahmen eines Seminars begleitet wurde.
Was war Ihnen bei den Ausstellungen wichtig? Worauf haben Sie besonders Wert gelegt?
Neben der bereits erwähnten künstlerischen Vielfalt, die von Anfang an alle Bereiche ästhetischer Bildung umspannte, lag ein weiterer Schwerpunkt darin, die Ausstellung so zu kuratieren, so dass ein Raum für Partizipation, Interaktion und Gespräch entsteht, in dem sich Besucher*innen, Studierende und die ausgestellten Artefakte dialogisierend begegnen können. Ein Grundanliegen bestand stets darin, alle Dozierenden des Moduls Ästhetische Bildung einzubinden und gemeinsam mit den Studierenden die Ausstellung zu konzipieren. Ein weiterer Akzent lag in einer Brückenfunktion zwischen Bildungseinrichtungen der frühen Kindheit und der Hochschule, indem Kinderprojekte ausgestellt und Kindergruppen in die Ausstellung eingeladen wurden.
Wie war es für Sie, die Leitung der Frübissage weiterzugeben?
Das Ausstellungsreihe Frübissage hatte sich an der Hochschule als ein innovatives Format des Bachelorstudienganges Frühkindliche Bildung und Erziehung etabliert. Die Fortführung dieser Ausstellungsreihe war daher nicht nur für mich, sondern auch für Katharina Schneider ein wichtiges Anliegen. So ist es eine große Freude für mich, dass Katharina Schneider in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Studierenden die Frübissage gelungen fortführen und weiterentwickeln konnte. Über Einladungen zu Ausstellungseröffnungen der Frübissage freue ich mich immer und nehme, wenn es mir terminlich möglich ist, sehr gerne daran teil.