Projektbeschreibung:
Mündigkeit als übergeordnetes Leitziel von Bildungsprozessen setzt umfassende Informiertheit und kritisches Abwägen von Informationen voraus. Das Datenökosystem hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Einerseits ist die Gegenwart gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Datentransparenz und -zugänglichkeit: Zahlreiche Daten, bspw. von Behörden, Ministerien und statistischen Ämtern, liegen heute in öffentlich zugänglicher Form vor (open data). Sie können auf den Websites der Organisationen eingesehen, oftmals durch Apps dynamisch und individuell visualisiert, durchsucht und in verschiedenen Formaten heruntergeladen werden. Etliche zivilgesellschaftliche Akteure betreiben professionelles Daten-Monitoring, um Entwicklungen in den Bereichen soziale Ungleichheit, Entwicklung oder Demokratiequalität zu dokumentieren und stellen ihre Datensätze öffentlich zur Verfügung. Digitale Medien haben den Zugang zu Daten erheblich vereinfacht, es gibt kaum formelle Hürden oder Barrieren des Zugangs und diese eröffnen neue Wege für das Engagement von Bürger:innen in der Zivilgesellschaft.Wie in jedem Ökosystem gibt es jedoch auch hier ein alarmierendes Maß an Verschmutzung - toxische Elemente, die in Grenzen gehalten werden müssen, damit ein Ökosystem überleben kann. Im Informationsökosystem sind Verursacher diejenigen, die falsche, irreführende oder parteiische Informationen verbreiten, oft in der Absicht, die öffentliche Meinung zu manipulieren oder ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Desinformation, Fake News, alternative Fakten und Verschwörungstheorien sind auf dem Vormarsch. Damit die Demokratie funktioniert, müssen die Bürger:innen ein kritisches Verständnis von Fakten und empirischen Beweisen zu wichtigen Fragen des sozialen und wirtschaftlichen Wohlergehens haben.
Vor diesem Hintergrund ist Mündigkeit an Fähigkeiten gebunden, Daten und datenbasierte Darstellungen zu verstehen, kritisch zu hinterfragen und mit ihnen zu argumentieren. Mündige Bürger:innen müssen heute zugleich datenkompetente Bürger:innen sein.
Die zunehmende Bedeutung von Daten für politische Entscheidungen impliziert die Verantwortung des Bildungssystems, den Bürgern die Fähigkeiten zu vermitteln, Daten und Statistiken kompetent zu lesen. Die vom Stifterverband im Januar 2021 initiierte und von zahlreichen Institutionen und Personen unterstützte Data-Literacy-Charta (https://www.stifterverband.org/charta-data-literacy) fordert eine Vermittlung von Datenkompetenzen in allen Bildungsbereichen.
Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass zum Zweck der Schulung von Datenkompetenz eine Integration von statistischer und sozialwissenschaftlicher Bildung in der Lehramtsausbildung von besonderer Bedeutung ist. Lehramtsstudierende der Politikwissenschaft/Politischen Bildung stehen vor der Herausforderung, Schüler:innen die Fähigkeit zu vermitteln, politische Entscheidungen kritisch zu reflektieren und ihnen Wege und Mittel der Partizipation aufzuzeigen. Dazu gehört in einer datafizierten Gesellschaft die Fähigkeit, Statistiken in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen zu lesen, sie aber auch kritisch zu hinterfragen und ggf. eigene Datenrecherchen und Umfragen zu initiieren. Dies erfordert eine Reihe von Fähigkeiten, die im Diskurs über Statistikbildung als „civic statistical literacy“ bezeichnet werden. Lehramtsstudierende der Mathematik stehen vor der Herausforderung statistische Kompetenzen und Wissen im Sachkontext zu erwerben in einem Rahmen, der auch didaktische Reflexionen für eine Umsetzung in der Schule mit einschließt.
Ziel des Projektes ist es, die Datenkompetenz (data literacy) von Lehramtsstudierenden der Fächer Politikwissenschaft und Mathematik in interdisziplinären Lernsettings zu adressieren und dabei insbesondere den Zusammenhang von Datenkompetenz und politischer Bildung zu adressieren. Hierzu sind folgende Maßnahmen geplant:
Laufzeit: 2023-2026
Förderer: PH Ludwigsburg, interne Forschungsförderung
Projektmitarbeiter: Dominik Kleinknecht
Projektpublikationen: