Jeden Monat stellt die STUBE, Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur (Wien), ein besonderes Kinder- und Jugendbuch aus der aktuellen Produktion vor.
Weitere Informationen zur STUBE: www.stube.at
Dort sind auch alle Kröten der vergangenen Monate zu finden.
Mit herzlichem Dank an die STUBE-Redaktion, die uns die Inhalte zur Verfügung stellt.
Im Durchschnitt hören Menschen weltweit ganze 20,7 Stunden Musik in der Woche, also immerhin 47 Tage im Jahr. Im Musikland Österreich spielt zusätzlich fast jede*r Fünfte selbst ein Instrument.
Dieser persönliche Genuss von Musik ist auch für die Kröte des Monats Dezember bedeutsam, da es hier zu einem Crossover aus Musik, Text und Bild kommt. Anke Kuhl und Moni Port haben für dieses Buch 16 namhafte Illustrator*innen zusammengetrommelt, die jeweils ein Lied in Form eines Comics verbildlicht haben.
Musikalisch wird auf klassische Kinderlieder verzichtet, dafür aber gerne immer wieder auch in der Vergangenheit gekramt. Seite an Seite mit zeitgenössischen (Pop-)Bands wie Die Ärzte und Wir sind Helden stehen Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Gioachino Rossini.
Genauso unterschiedlich wie die ausgewählten Lieder sind auch die Umsetzungen der Illustrator*innen. Während Max Fiedler das rasante Tempo und die fließende Melodik von Schuberts Die Biene in zwei großflächige Wimmelbilder verpackt, auf denen man eine Biene beobachtet, die auf ihrem hektischen Schulweg so manchen Unsinn veranstaltet, arbeitet Anke Kuhl sequentiell und widmet jedem neuen Akzent des barocken Stückes Fresch ein eigenes Panel.
Während die untrennbare Verbindung von Text und Musik, Bild und Gefühl im Bereich des Comics ein Novum bildet, ist der Versuch, Musik und Text zu verbinden schon länger Teil der Literaturlandschaft. Beispielhaft steht hierfür Banshee Blues, ein 2022 erschienenen Buch von Nina Blazon, in dem es um eine Todesfee mit einer todbringenden, aber auch wunderschönen Stimme geht. Diesem wurde eine Playlist beigefügt, welche das Lesevergnügen auditiv bereichert. Gleichzeitig bedient sich auch Musik des Öfteren literarischer Motive oder Texte. Die US-amerikanische Sängerin Melanie Martinez veröffentlichte 2017 beispielsweise den Song Mad Hatter, in dem sie, genau wie Lewis Carroll rund 150 Jahre vorher, gesellschaftliche Normen kritisiert und sich dabei selbst mit Alice im Wunderland vergleicht.
Welche wunderbaren Kunstwerke aus dieser kreativen Symbiose von Comic und Musik in Mukkekukke entstanden sind, wird nun in drei Beispielen gezeigt.
Baby Elephant Walk
Henry Mancini war ein US-amerikanischer Komponist mit einem Fokus auf Jazz- und Filmmusik. Der Musiker, der neben Baby Elephant Walk auch andere Klassiker der Filmmusik geschrieben hat, beispielsweise die Titelmelodie des Rosaroten Panthers oder das in Frühstück bei Tiffany vorkommende Moon River, ist vor allem für die Eingängigkeit und den Humor seiner Stücke bekannt.
Die leichtfüßige Melodie von Baby Elephant Walk wird von Ole Könneckes humoristischen, reduzierten Zeichenstil und dem Slapstick der Handlung perfekt eingefangen. Seine Fineliner-Zeichnungen, die bis auf rostrote Akzente schwarz-weiß sind, zeigen einen kleinen Elefanten mit Barret, der sich, begleitet von einer fröhlichen Klarinettenmelodie durch die Welt bewegt und sich an den einfachsten Dingen erfreut: eine Blume sehen, den Vögeln beim Singen zuhören, oder einen Stein in den Fluss zu werfen. Nur leider schläft am Grunde des Flusses ein Krokodil, welches gar nicht begeistert davon ist, geweckt zu werden …
Unser Protagonist hat davon aber noch nichts bemerkt und wandert weiter: Oh, wie schön, ein ganzer Baum voller Vögel, gespielt von Piccoloflöten, der für ihn singt! Aber das verärgerte Krokodil lässt nicht lange auf sich warten. Vom satten, brummenden Klang einiger Hörner verkörpert, tritt nun auch dieses auf die Bildfläche und jagt den kleinen Elefanten kreuz und quer über die Panels. Glücklicherweise ist dieser noch klein genug, um schlussendlich von zwei Vögeln in Sicherheit gebracht zu werden.
Regen
Thematisch zum kalten, grauen Wiener Herbst passt der Song Regen der mittlerweile aufgelösten Indie-Band Die Lassie Singers.In melancholisch-rockigem Sound und einem eingängigen Refrain wird hier der Zauber eines Regentages eingefangen:
Regen Regen auf allen Wegen
Wir haben nichts dagegen
Regen macht uns Spass
Er macht uns alle nass!
Die Illustrationen spiegeln diesen Zauber: Während die Szenerie zu Beginn noch in gedecktem Magenta gehalten ist, wird sie schnell farbenfroher. Bereits beim ersten Refrain werden die wenigen hell erleuchteten Fenster, die vorher noch die einzigen Farbtupfer waren, von orkanartig tobenden, bunten Farbwolken abgelöst.
In dieser Farbexplosion lassen sich eine Katze und eine Maus vom Regen nicht beirren und springen fröhlich lächelnd in eine Pfütze. Im letzten Refrain, der gleichzeitig auch den Schluss des Liedes bildet, ändern sich Farbpalette und Szenerie nochmals komplett. Magenta wird mit warmem Orange getauscht, die Wolken sind nicht mehr dunkel, sondern blassrosa und weiß gezeichnet. Verschiedene, scherenschnittartig gezeichnete Tierfiguren tanzen im Regen, dass es nur so spritzt.
Fresch
Ein barocker Komponist mit dem ebenso skurrilen wie wunderbaren Namen Heinrich Ignaz Franz Biber von Bibern schrieb vor über 300 Jahren die Sonata Representativa. Das schräge, vor allem für die damalige Zeit sehr experimentelle Stück fängt mit verblüffender Präzision den Charakter verschiedenster Tiere ein. Anke Kuhl hat sich für die Illustration eines Teiles dieser Sonate entschieden, dieden Namen Fresch trägt. Da es hier um einen Frosch geht, darf die Beschreibung dieses Comics in einer Rezension der STUBE natürlich nicht fehlen!
Ein Frosch sitzt auf einem Blatt und betrachtet seine Umgebung skeptisch. Schließlich entscheidet er sich für einen Sprung. Rhythmisch und melodisch vom metallischen Klang einer Barockvioline begleitet, geht es für ihn über einen Stein, eine Seerose und eine Schildkröte hinüber zu einem Ast. Plötzlich ein schrilles Vibrato: eine rücksichtslose Libelle verfehlt den grünen Mann nur knapp. Unter dem Knarren der Geige richtet sich der Frosch auf. Nochmals wird die Wassertemperatur geprüft. Und dann, endlich: Sprung! Die sanften Klänge von Cembalo, Viola da Gamba und Theorbe, welche nun einsetzen und das breite Grinsen des Frosches, der selig in der bunten Flora und Fauna des Teiches schwimmt, zeigen, dass sich der Sprung ins Unbekannte gelohnt hat.
Rezension von Marie Lechner
Wenn Sie selbst in die musikalische Welt von Mukkekukke eintauchen möchten, gelangen Sie über folgende QR-Codes zu der Playlist zum Buch.