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Konzeption und Literatur

„Denken lernen mit Geographie“ hat das Ziel, die Denkfertigkeiten und kognitiven Kompetenzen der Schüler durch Aufgabentypen zu fördern, die motivierend, kognitiv aktivierend und problemorientiert sind und sich leicht im Geographieunterricht umsetzen lassen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die metakognitive Reflexionsphase am Ende der Aufgabe. Nachfolgend werden neben einem Überblick über Ziele und Unterrichtsmethoden die wichtigsten didaktischen Prinzipien und Leitlinien zusammengefasst sowie Hinweise auf Hintergründe, Theoriegrundlagen und Forschungsliteratur gegeben. Die Texte wurden überwiegend aus den Theoriekapiteln von Band 1 und Band 2 entnommen (s.u.).

Methoden in abgestufter Komplexität

Bislang wurden im Projekt “Denken lernen mit Geographie“ verschiedene Methoden konzipiert und in 2 Bänden im Westermann-Verlag publiziert. Zu jeder Methode gibt es dort eine allgemeine Anleitung, drei ausführlich erläuterte Aufgabenbeispiele mit Kopiervorlagen und Hinweise zur Erstellung eigener Aufgabenbeispiele.

Methoden aus Band 1:
Diercke - Denken lernen mit Geographie.
Methoden 1

(Schuler, Vankan, Rohwer 2017)

  1. Der Außenseiter
  2. Tabu
  3. Karte im Kopf
  4. Bilder befragen
  5. Kategorien
  6. Wo ist was möglich
  7. Das lebendige Diagramm
  8. Mystery
  9. Planen und Entscheiden
  10. Das Wertequadrat

Methoden aus Band 2:
Diercke - Mehr Denken lernen mit Geographie.
Methoden 2

(Schuler, Coen, Hoffmann, Rohwer, Vankan 2016)

  1. Domino
  2. Außenseiter mit Bildern und Karten
  3. Das lebendige Profil
  4. Das Lebenslinien-Diagramm
  5. Vorhersage mit Filmen und Texten
  6. Fünf W-Fragen
  7. Tatsachen und Meinungen
  8. Planen und Entscheiden in Stufen
  9. Philosophieren mit Geographie

Die  Komplexität und das Anspruchniveau der Methoden varriieren.

  • Mit einigen Methoden werden v.a. Denkfertigkeiten in den Bereichen Begriffsbildung, Vergleichen, Kategorisieren und Verorten trainiert (u.a. Außenseiter, Tabu, Domino, Kategorien).
  • Andere Methoden widmen sich v.a. dem induktiven Schlussfolgern und dem vernetzenden Denken (u.a. Wo ist was möglich, lebendiges Diagramm, lebendiges Profil, Mystery, Vorhersagen).
  • Bei den übrigen Methoden stehen Problemlöse-, Planungs- und Bewertungskompetenzen im Mittelpunkt (u.a. Planen und Entscheiden, Wertequadrat, Lebenslinien, Tatsachen und Meinungen).

Ein Beispiel für eine Methode mit mittlerem Komplexitätsgrad ist die Mystery-Methode, bei der Schüler einen Fall lösen müssen, indem sie viele kleine Informationskärtchen bekommen. Um den Fall lösen zu können, müssen sie Einzelinformationen bewerten, ordnen, miteinander vernetzen, unwichtige ignorieren und geschickte Schlussfolgerungen ziehen.

Auf der Seite "Aufgabenbeispiele" finden Sie viele inzwischen veröffentlichte Aufgabenbeispiele zu den verschiedenen Lernmethoden.

Leitziele

Drei Leitziele kennzeichnen das Projekt „Denken lernen mit Geographie“ (vgl. Leat 1998):

  1. die Entwicklung von flexiblen, anpassungsfähigen Methoden und Aufgabentypen, die Geographie zu einem herausfordernden und spannenden Fach werden lassen,
  2. den Schülern dabei zu helfen, im Geographieunterricht wichtige Schlüsselkonzepte des Denkens zu verstehen und kognitive Fertigkeiten zu entwickeln, die sie auch in einem anderen Kontext anwenden können,
  3. die intellektuelle Entwicklung von Schülern zu unterstützen, damit sie vielfältige und komplexe Informationen besser bewältigen und insgesamt im Unterricht erfolgreicher sein können.

Um diese Leitziele erreichen zu können, werden im Projekt "Denken lernen mit Geographie" Methoden und Aufgabenbeispiele entwickelt, bei denen Schüler in der Auseinandersetzung mit geographischen Begriffen, Themen und Problemen auf eine motivierende Weise zum Nachdenken, Mitdenken und Weiterdenken angeregt werden.

Entscheidend ist dabei immer der Denkprozess, der zur Lösung der Aufgaben führt. Im Unterschied zu rein fachinhaltlich orientierten Aufgabentypen spielt deshalb hier die metakognitive Reflexionsphase eine entscheidende Rolle. Nach der inhaltlichen Besprechung sollen sich die Schüler bewusst machen, wie sie beim Lösen einer Aufgabe vorgegangen sind, welche Denkstrategien sie eingesetzt haben, wie eine optimale Lösungsstrategie aussehen könnte und in welchen anderen Zusammenhängen diese Strategien noch nützlich sein könnten.

Didaktische Grundlagen

Theoriegrundlagen

Das Projekt „Denken lernen mit Geographie“ geht auf den britischen Geographiedidaktiker David Leat zurück, der Mitte der 1990er-Jahre an der University of Newcastle eine große Zahl solcher Methoden entworfen und unter dem Titel „Thinking Through Geography“ publiziert hat (Leat 1998, Nichols/Kinninment 2001). Daraus stammen die meisten oben genannten Methoden. Die didaktische Konzeption basiert auf fachdidaktischen und lernpsychologischen Theoriegrundlagen, die für das deutschsprachigen Projekt neu konzipiert und aufbereitet wurden. In den Theoriekapiteln in Band 1 und 2 (Schuler u.a. 2016, 2017) werden entsprechende Grundlagen aus Denkpsychologie, konstruktivistischer Lerntheorie, problemorientiert-situiertem Lernen und metakognitiver Reflexion detailliert vorgestellt.

Weiterführende Literatur

Literatur aus dem Projekt:

  • Schuler, S. (2023): Gute Lernaufgaben im Geographieunterricht. Online-Vortrag mit Unterrichtsmaterialien zur Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 in der Fortbildungs-Reihe "15 Minuten Geographie" https://diercke.de/15Minuten  Westermann.
  • Schuler, S. (2023): Denken lernen mit Geographie. In: Nöthen, E., Schreiber, V. (Hrsg:): Transformative Geographische Bildung. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66482-7_39
  • Schuler, S. (2021): Der Bergsturz von Bondo. Mysterys binnendifferenziert einsetzen. In: Geographie heute 42(352), S. 36-41 + Materialheft S. 29-32
  • Schuler, S. (2018): Mystery. In: Brucker, A., Haversath, H-J., Schöps, A. (Hrsg.): Geographie-Unterricht. 102 Stichworte. Baltmannsweiler: Schneider, S. 158-159.
  • Schuler, S. (2017): Problemlösen durch Planen und Entscheiden im Geographieunterricht. In: Geographie aktuell und Schule 39(225), 25-37.
  • Schuler, S. (2016): Lebendige Karte - Eine Urlaubsplanung an der Wattenküste. In: Gryl, I. (Hrsg.): Diercke Reflexive Kartenarbeit., Methoden und Aufgaben. Braunschweig: Westermann. S. 97-104.
  • Coen, A., Hoffmann, K.W., Schuler, S. (2014): Die Slumschlacht in Mumbai. Das Thema Megacitys mehrdimensional für Schülerinnen und Schüler befragend erschließen. In: Geographie aktuell und Schule 36 (212). S. 20-30.
  • Laske, J. & Schuler, S. (2012): Mit Geographie denken und Probleme bearbeiten lernen – Aufgaben im problemlösenden Geographieunterricht. In: Praxis Geographie 42(12), S. 12-17.
  • Schuler, S. (2014): Stadtplanung in den schrumpfenden Städten des Ruhrgebiets. Das Beispiel des Sanierungsprojekts "Grüngürtel Duisburg-Nord". In: Praxis Geographie 44 (10), S. 28-35  [Aufgabenbeispiel zur Methode Lebenslinien].
  • Schuler, S. (2014): Problemorientierte Kartenauswertung mit der Methode "Lebendige Karte". Ein Aufgabenbeispiel zu Sturmfluten und Hochwasserschutz in der Hamburger Elbmarsch. In: Praxis Geographie 44(6), S. 16-22.
  • Schuler, S. (2013): Mystery. In: Böhn, D. & Obermaier, G. (Hrsg.): Wörterbuch der Geographiedidaktik. Braunschweig: Westermann. S. 201-202.
  • Schuler, S. (2013): Kategorisieren. In: Böhn, D. & Obermaier, G. (Hrsg.): Wörterbuch der Geographiedidaktik. Braunschweig: Westermann. S.136-137.
  • Schuler, S. (2012): Denken lernen mit Mystery-Aufgaben. In: Haß, S. (Hrsg.): Mystery. Geographische Fallbeispiele entschlüsseln. Praxis Geographie extra. Braunschweig: Westermann. S. 4-7.  Bestellung beim Verlag.
  • Schuler, S. (2012): Flukatastrophe in Manila. Zum Umgang mit Verwundbarkeit angesichts des globalen Klimawandels. In: Haß, S. (Hrsg.): Mystery. Geographische Fallbeispiele entschlüsseln. Praxis Geographie extra. Braunschweig: Westermann. S. 44-48.
  • Schuler, S. (2012): Welche Chancen und Risiken birgt das Leben am Golf von Neapel? Die lebendige Karte und weitere Methoden für eine problemorientierte Raumanalyse mit Karten.  In: Geographie und Schule, 34. Jg., H. 196 (April 2012).
  • Schuler, S. (2012): Mit Karten denken lernen – Strategien zur Förderung des metakognitiven Denkens beim Einsatz von Geomedien. In: Hüttermann, A. et al. (Hrsg.): Räumliche Orientierung. Räumliche Orientierung, Karten und Geoinformation im Unterricht. Geographiedidaktische Forschungen Bd.49. Braunschweig: Westermann, S. 204-215 .
  • Roux, Y. von (2013): Thinking through geography. In: Böhn, D. & Obermaier, G. (Hrsg.): Wörterbuch der Geographiedidaktik. Braunschweig: Westermann. S. 270-271.
  • Schuler, S. (2013): Kategorisieren. In: Böhn, D. & Obermaier, G. (Hrsg.): Wörterbuch der Geographiedidaktik. Braunschweig: Westermann. S.136-137.
  • Vankan, L. / Rohwer, G. / Schuler, S. (2007b): Pedro Morales auf dem Weg in die USA. Die Lernmethode "Planen und Entscheiden" am Beispiel der Migration aus Mexiko in die USA. In: Praxis Geographie 37.Jg., H.5., S.22-27.
  • Schuler, S. (2007): Die Entwicklungsdynamik der Weltbevölkerung. Ein Beispiel für den Einsatz von lebendigen Diagrammen als Lernmethode. In: Praxis Geographie 37.Jg., H.5., S.34-41.
  • Schuler, S. (2005): Mysterys als Lernmethode für globales Denken. Ein Beispiel zum Thema Weltmarkt für Zucker. In: Praxis Geographie 35.Jg., H.4, S. 22-27 (PDF-Download)

Weitere Literatur zu Denken lernen mit Geographie / Thinking Through Geography:

  • Adey, P./Shayer, M. (1994): Really Raising Standards. Cognitive Intervention and Academic Achievement. London: Routledge.
  • Funke, J. (Hrsg.) (2006): Denken und Problemlösen. Enzyklopädie der Psychologie: Kognition, Band C/II/8. Göttingen: Hogrefe.
  • Hempowicz, J. (in Vorb.): Dem System auf der Spur – Videobasierte Fallanalysen zur geographischen Systemorganisationskompetenz bei Schüler*innen im Rahmen der Mystery-Methode. Dissertation. Geographiedidaktische Forschungen. Münster.
  • Hooghuis, F., Schee, J. van der, Velde, M. van der, Imants, J., Volman, M. (2014): The adoption of Thinking Through Geography Strategies and their impact on teaching geographical reasoning in Dutch secondary schools. International Research in Geographical and Environmental  Education, 23 (3), pp. 242-258.
  • Leat, D. (1997): Cognitive acceleration in geographical education. In: Tilbury, D./Williams, M. (Hrsg.): Teaching and Learning Geography. London: Routledge.
  • Leat, D. (Hrsg.) (1998): Thinking Tthrough Geography. Cambridge: Chris Kington Publishing.
  • Leat, D./van der Schee, J./ Vankan, L. (2005): New ways of Geography teaching. In: European Journal of Teacher Education, 28 (30), S. 327-342.
  • Kardijk, J., Schee, J. van der, Admiral, W. (2013): Effects of teaching uni halle with mysteries on students’ geographical thinking skills. International Research in Geographical and Environmental Education, 22 (3), 183-190.
  • Meister, J. (2019): Eine videogestützte Prozess- und Produktanalyse der Systemkompetenz - am Beispiel der Bearbeitung eines Mysterys. Dissertation. Gießen: Universität Gießen. urn:nbn:de:hebis:26-opus-154499
  • Nichols, A./ Kinninment, D./ Leat. D. (Hrsg.) (2001): More Thinking through Geography. Cambridge: Chris Kington Publishing.
  • Reinmann, G. / Mandl, H. (2006): Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Krapp, A. / Weidenmann, B. (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. 5. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz. S. 613-658.
  • Schee, J. van der (2013): Kritisches Denken: Geographische Denkfähigkeit und bedeutungsvolles Lernen, pp. 105-113.  In: Rolfes, M. & Uhlenwinkel, A.  (Hrsg) Metzler Handbuch 2.0 Geographieunterricht. Braunschweig: Westermann.
  • Schee, J. van der/Vankan, L. (2006): Meer leren denken met aardrijkskunde. Nijmegen: Stichting Omgeving en Educatie.
  • Schee, J. van der/Vankan, L./Leat, D. (2003): The International Challenge of more Thinking Through Geography. International Research in Geographical and Environmental Education, 12 (4), S. 330–34.
  • Schee, J. van der/Leat, D./Vankan, L. (2006): Effects of the use of Thinking Through Geography Strategies. International Research in Geographical and Environmental Education, 15 (2), S. 124–133.
  • Vankan, L. (2003): Towards a New Way of Learning and Teaching in Geographical Education. In: International Research in Geographical and Environmental Education, 12 (1), S. 81–85.
  • Vankan, L./Schee, J. van der (2004): Leren denken met Aardrijkskunde. Nijmegen: Stichting Omgeving en Educatie.